Mit der Erstellung der kommunalen Wärmeplanung hat die Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau geprüft, in welchen Teilgebieten der gesamten Verbandsgemeinde welche Wärmeversorgungslösung besonders gut geeignet ist. Als Ergebnis wird mit dem Wärmeplan aufgezeigt, ob zukünftig tendenziell eher zentral, d.h. über ein gemeinsames Wärmenetz, oder dezentral, d.h. über eine eigene individuelle Einzelanlage im Gebäude, die Gebäudebeheizung erfolgen kann. Das beabsichtigte Ziel der Wärmeplanung ist es damit unter anderem Gebäudeeigentümer auf lokaler Ebene einen Transformationspfad hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung Ihres Gebäudes aufzuzeigen. Wichtig hierbei ist, dass die Erstellung der kommunalen Wärmeplanung nicht mit dem tatsächlichen Bau eines Wärmenetzes oder mit einer konkreten Umsetzungsplanung verwechselt werden sollte. Es handelt sich vielmehr um eine Konzepterstellung und systematische Vorprüfung der vorhandenen Gegebenheiten und Möglichkeiten mit der Darstellung von realistischen Lösungsansätzen für eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung.
Im Rahmen der Bestandsanalyse konnte aufgezeigt werden, dass der Gesamtenergiebedarf zur Wohngebäudebeheizung durchschnittlich 161 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr beträgt. Damit liegt der Wärmebedarf der Wohngebäude nahe am Bundesdurchschnitt mit 160 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Dies entspricht der Klassifizierung eines unsanierten Altbaus. Auffällig hierbei ist, dass nahezu 50 % der Wärmeerzeugung über den Energieträger Heizöl erfolgt. Hierdurch begründet sich auch, dass ca. 75 % (nahezu 70.000 t CO2-Äquivalente) der Emissionen bei der Gebäudebeheizung vom Heizöl ausgehen. Im Vergleich ist die Gebäudebeheizung mittels Heizöl damit fast doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt. Die wesentliche Ursache liegt darin begründet, dass in der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau lediglich 5 Gemeinden und die beiden Städte Bad Ems und Nassau am Erdgasnetz angeschlossen sind. Die Gebäudeeigentümer/innen fanden mit dem Heizöl eine Alternative zur Beheizung mit Erdgas. Der energetische Gebäudezustand lässt sich aufgrund der Baualtersklassen als überwiegend verbesserungs-würdig einstufen. Der Großteil der Gebäude stammt aus der Baualtersklasse 1949 bis 1978 sowie vor 1919.
Bezugnehmend auf die Baualtersklassen besteht hier mit der energetischen Gebäudesanierung ein entsprechend großes Potenzial zur Energieeinsparung. Bei Teilsanierungen, d.h. einer Sanierung des Daches und der Fenster, ist mit einer prognostizierten Einsparung von 17 % zu rechnen. Bei Vollsanierungen, d.h. bei einem Austausch sämtlicher Bauteile der Gebäudehülle, wird eine Energieeinsparung von 44 % prognostiziert. Hier sind die Gebäudeeigentümer selbst gefragt. Zahl-reiche Förderprogramme zur energetischen Sanierung sollen die gestiegenen Bau-kosten abmildern und einen Anreiz zur Gebäudeoptimierung schaffen. Kostenfreie Beratung zu energetischen Förderungen bietet bspw. die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz an. (https://www.verbraucherzentrale-rlp.de/beratungsstellen/bad-ems-energieberatung) Infobroschüren zu energetischen Einzelmaßnahmen bieten einen einfachen Einstieg in das Thema der Gebäudesanierung und können eben-falls bei der Verbraucherzentrale digital abgerufen werden. (https://www.verbraucherzentrale-rlp.de/energie-beratung-rlp/kostenlose-downloads-rund-um-das-thema-energie-18005)
Große Potenziale sind ebenfalls im Bereich der oberflächennahen Geothermie er-mittelt worden. Hier können Erdwärmesonden oder Erdwärmekollektoren zur Wärmegewinnung eingesetzt werden. Darüber hinaus kann der Einsatz von Solarthermie einen nennenswerten Beitrag zur Wärmegewinnung leisten. Zur Deckung des zukünftigen Strombedarfs im Rahmen der Elektrifizierung der Gebäudebeheizung und des Verkehrssektors sind in der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau ebenso beachtliche Potenziale von Photovoltaik auf Dach- und Freiflächen sowie der Windenergie ermittelt worden. Auf öffentlichen Gebäuden wird nicht zuletzt im Rahmen von Gebäudesanierungen stets die Möglichkeit zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen geprüft und bei positiver Prüfung auch umgesetzt. Ebenso sind zahlreiche PV-Freiflächenanlagen in der gesamten Verbandsgemein-de geplant und - beginnend im nächsten Jahr - schrittweise in der Umsetzung. In Sachen Windkraftanlagen kommt der verbandsgemeindeübergreifenden Zusammenarbeit hohe Bedeutung zu. Wenngleich sich Planungs- und Genehmigungs-verfahren zeitlich verkürzt haben, ist mit langen Vorlaufzeiten bis zur Umsetzung zu rechnen. Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung wird die Stromerzeugung aus Photovoltaik und Windkraft zur Deckung des (elektrischen) Heizbedarfs bspw. über Wärmepumpen in Betracht gezogen. Mit den ermittelten Potenzialen besteht somit rein rechnerisch die Möglichkeit zur vollstän-digen Deckung des erforderlichen Wärmebedarfs. Die technische Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Genehmigungsfähigkeit sind dennoch anwendungsfallbezogen zu prüfen.
Die Wärmeplanung hat ergeben, dass mittel- bis langfristig mehrheitlich dezentrale Wärmeversorgungslösungen dominieren. Das bedeutet, dass lediglich in drei von insgesamt 52 Teilgebieten Wärmenetze als sehr wahrscheinlich eingestuft wurden. Alle Einteilungen der Gebiete lassen sich auch in den Steckbriefen des Wärmeplans entnehmen.
Zur besseren Verortung der Wärmenetzprüfgebiete, d.h. der Teilgebiete die sich für die Errichtung eines Wärmenetzes eignen könnten, sind diese nachfolgend angeführt:
- Bad Ems Teilgebiet 6: Gebiet um das Statistische Landesamt
- Bad Ems Teilgebiet 13: Gebiet Römerstraße / Marktstraße / Koblenzer Straße
- Singhofen Teilgebiet 36: Schulzentrum
Wärmenetzprüfgebiete zeichnen sich häufig durch eine hohe Wärmeliniendichte ab. Die Wärmeliniendichte gibt den Wärmebedarf pro Meter einer Wärmeleitung an und ist letztlich ein Indikator für die Wirtschaftlichkeit von Wärmenetzen. In den Steckbriefen sind, wie exemplarisch in nachfolgender Abbildung verdeutlicht, die Wärmeliniendichten in Form der farbigen Linien auf den Straßen ersichtlich.
Prüfgebiete, d.h. Teilgebiete bei denen zum jetzigen Zeitpunkt keine Einschätzung erfolgen kann, wie das Teilgebiet in Zukunft mit Wärme versorgt wird, sind ebenfalls nachfolgend angeführt. Die Versorgung mit leitungsgebundenem, grünem Methan (z.B. Biogas oder synthetisches Methan) ist hier bspw. nicht ausgeschlossen:
- Bad Ems Teilgebiet 7: Nieverner Straße / Wilhelmsallee
- Bad Ems Teilgebiet 12: Arzbacher Straße
- Bad Ems Teilgebiet 25: Lahnstraße
- Dausenau Teilgebiet 47: alter Ortskern
- Fachbach Teilgebiet 27: Ortskern
- Fachbach Teilgebiet 48: Oberau
- Nassau Teilgebiet 33: Gebiet zwischen Bahnhofstraße und Obertal /Obernhofer Straße
- Nassau Teilgebiet 44: Gebiet um das Sportzentrum
- Scheuern Teilgebiet 46: Gebiet angrenzend zur Stiftung
- Singhofen Teilgebiet 38: Ortskern beidseitig der B260
In den übrigen 39 Gebieten werden tendenziell Wärmepumpen als wirtschaftlich interessanteste Lösung zur beabsichtigten Klimaneutralität im Jahr 2040 Einsatz finden. Das Jahr 2040 hat sich das Land Rheinland-Pfalz als Ziel zur Klimaneutralität gesetzt. Es ist an der Stelle wichtig anzumerken, dass die kommunale Wärmeplanung eine Zeitpunkt aufnahme unter marktüblichen Bedingungen und Annahmen ist. Sollten sich Rahmenbedingungen verändern, so können sich auch Änderungen der wahrscheinlichen Wärmeversorgung in den Teilgebieten ergeben.
Am 25.09.2025 hat der Verbandsgemeinderat der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau den ersten kommunalen Wärmeplan beschlossen. Hiermit gehen ausdrücklich keinerlei Verpflichtungen, Vorgaben oder zeitliche Veränderungen für die Art der Gebäudebeheizung einher. Die kommunale Wärmeplanung setzt allerdings nicht die Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) außer Kraft. Laut GEG sind ab dem 01.01.2024 eingebaute Heizungen in Neubauten innerhalb von Neubau-gebieten mit mindestens 65 % erneuerbaren Energien zu betreiben. In Bestandsgebäuden können Heizungen zunächst weiterbetrieben und auch gegebenenfalls repariert werden. In Bestandsgebäuden und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten (in Städten/Gemeinden unter 100.000 Einwohnern) gilt ab Juli 2028 der verpflichtende Einbau von Heizungen mit 65 % erneuerbaren Energien. Heizungen, die nach dem 01.01.2024 in Bestandsgebäuden eingebaut wurden, müssen ab 2029 mit 15 %, ab 2035 mit 30 % und ab 2040 mit 60 % erneuerbaren Energien betrieben werden.
Mit der Ausweisung von Wärmenetzgebieten können Fristen zur Gebäudebeheiung mittels erneuerbarer Energien vorverlegt werden, was aber in der Verbands-gemeinde Bad Ems-Nassau nicht angedacht ist und zudem durch einen separaten Ratsbeschluss initiiert werden müsste. „Falls Wärmenetze gebaut werden, sehen wir den Anschluss einzelner Gebäude als freiwillige Entscheidung seitens der Gebäudeeigentümer an. Ein Anschlusszwang kann hier nicht die Lösung sein“, so Bürgermeister Bruchhäuser. Anders sehe es hingegen bei geplanten Neubaugebieten aus. Hier weiß jeder Bauherr mit dem Erwerb eines Baugrundstücks, wie die Vorgaben zur Gebäudebeheizung sein werden. Eine Anschlusspflicht an ein Wärmenetz könnte mit dem Grundstückskauf vereinbart werden und ist auch vom Vorgehen absolut transparent und zeitgemäß.
Im Rahmen einer vierwöchigen Offenlage hat sich resümierend gezeigt, dass so-wohl die Träger öffentlicher Belange als auch die Bürgerinnen und Bürger das Thema Wärmeplanung als durchaus wichtig erachten. So gab es zahlreiche Rückmeldungen in Form von zu berücksichtigenden Einschränkungen bei weiteren Planungen oder durch Bekundungen zur weiteren Inkenntnissetzung bei Planungen oder Umsetzungen. Für die zahlreichen Rückmeldungen und Stellungnahmen möchten wir uns an der Stelle recht herzlich bedanken. Die 20 eingereichten Stellungnahmen, als auch das rege Interesse bei der Erstellung der Wärmeplanung, zeugen von der Bedeutung der Wärmewende. Ein großes Dankeschön richten wir ebenfalls an das Planungsbüro energielenker projects GmbH, welches die Verbandsgemeinde tatkräftig und federführend bei der Erstellung der Wärmeplanung begleitet hat.
Laut dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) hat spätestens alle fünf Jahre eine Überarbeitung der kommunalen Wärmeplanung zu erfolgen. Hier blicken wir bereits jetzt auf eine spannende und herausfordernde Zeit zugleich. Rechtlich erhoffen wir uns für die nächste Überarbeitung der Wärmeplanung eine Änderung für die Einbindung von Schornsteinfegerdaten, welche aus datenschutzrechtlichen Gründen bei dem aktuellen Wärmeplan nicht in erforderlicher Form in die Planungen mit eingebracht werden konnten. Neben der Fortschreibung des kommunalen Wärmeplans hat sich die Verbandsgemeinde verpflichtet, notwendige Schritte und in ihrer Zuständigkeit liegende Maßnahmen zur Umsetzung des Wärmeplans voranzutreiben. Als strategische Planungsgrundlage soll der Wärmeplan bei allen relevanten planerischen und infrastrukturellen Aktivitäten, Verfahren und Baumaßnahmen berücksichtigt werden.
Aktuell liegt der Fokus primär bei der weiteren Sondierung von Wärmenetzprüfgebieten, die laut Wärmeplan mit einer hohen Priorisierung ausgewiesen wurden. Hierfür bzw. zum Teil ergänzend sind die Erschließung von Thermalquellen, die Nutzung der Lahn als Wärmequelle, aber auch der Aufbau und die Intensivierung des Austausches mit Kooperationspartnern für die mögliche Umsetzung einzelner Maßnahmen auf der Agenda. Bei der Nutzung von Thermalwasser zur Gebäudebeheizung ist vor kurzem erst eine Bad Emser Klinik für die „Belieferung“ mit warmen Thermalwasser erschlossen worden. Darüber hinaus nimmt die bereits zuvor erwähnte Erschließung von Freiflächen-Photovoltaik und Windkraft zur Stromerzeugung einen wichtigen Meilenstein ein, um einem tendenziell steigenden Strom-bedarf mittels regenativer Energien zu decken. Hier stehen häufig Planungshorizonte von 3 bis 5 Jahren von der ersten Idee bis zur finalen Umsetzung entgegen. Das verdeutlicht, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien ein langfristiges Unterfangen ist, welcher eine festgelegte „Marschrichtung“ unter klaren Rahmenbedingungen und Förderungen zur wirtschaftlichen Realisierung benötigt.
Der Bericht zur kommunalen Wärmeplanung ist auf der Webseite der VG BEN (https://www.vgben.de/klimaschutz/aktuelles/bericht-zur-kommunalen-waermeplanung/) abrufbar. Wir möchten den Bürgern mit dem veröffentlichten Bericht sowohl eine möglichst realistische und umfassende Bewertung der aktuellen Wärmeversorgung, aber auch einen Umsetzungsplan zur nachhaltigen Wärmeversorgung bereitstellen. Alle zuvor genannten Gebietseinteilungen können im sogenannten digitalen Zwilling online unter https://waermekataster-vg-ben.ipsyscon.de/5/map/ abgerufen werden. Im digitalen Zwilling wird die Ist-Situation der Wärmeversorgung in gebündelter Form aller vorliegenden Informationsquellen darstellt.
Bei Fragen sowie Anliegen zur kommunalen Wärmeplanung sowie allgemein zum Klimaschutz steht Ihnen der Klimaschutzmanager der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau gerne unter klima@vgben.de oder der 02603 / 793 – 327 zur Verfügung.
Ihre Verbandsgemeindeverwaltung Bad Ems-Nassau
Uwe Bruchhäuser
Bürgermeister
Gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
4. November 2025